Vom Hören, Zuhören und Hinhören
Wer kennt das nicht: bei der Arbeit, zu Hause und unterwegs – mit Kollegen, Freunden und Familie. Nicht immer versteht man sich; man hört etwas anderes, als gesagt wurde; es fällt der Begriff „Kommunikationsproblem“. Je nach Situation reicht meistens schon ein einfaches Nachfragen und bestenfalls die Aufforderung „Jetzt hör doch bitte mal zu!“ Gesagt, getan und oft ist vieles schon geklärt.
Nicht so für die etwa 80.000 gehörlosen Menschen in Deutschland. Wirklich bewusst wurde uns das erst durch die Zusammenarbeit mit unserem neuen Kollegen. Als gehörlosem Menschen fehlt ihm die akustische Wahrnehmung: das Hören, welches mit Riechen, Schmecken, Sehen und Tasten zu den fünf klassischen „Sinnesorganen“ zählt. Gehörlose Menschen nehmen die Welt anders wahr als hörende. Akustische Eindrücke und Reize werden, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt erlebt. Und so können besonders im Umgang mit unerfahrenen Menschen, eigentlich vermeidbare Missverständnisse entstehen.
Gehörlosigkeit – über eine Behinderung, die Kommunikation und Begegnung verändert
Weil wir, wie jedem neuen GUW-Mitarbeiter, den Einstieg in den Arbeitsalltag erleichtern und gleichzeitig den Wunsch unserer Belegschaft nach einer „gemeinsamen“ Sprache mit dem neuen Kollegen erfüllen wollten, haben wir Anfang des Jahres den Integrationsfachdienst Münster zu uns eingeladen. Das Seminar trug den Titel „Gehörlosigkeit – über eine Behinderung, die Kommunikation und Begegnung verändert“ und traf den Nagel damit auf den Kopf. Denn es ging nicht nur um eine gemeinsame Form der Verständigung, sondern auch darum, das Ausmaß der Gehörlosigkeit für Betroffene zu verdeutlichen.
Gut gelernt
Wir haben eine ganze Menge gelernt. Zum Beispiel dass Hören als Teil der Kommunikation eine Alarmfunktion erfüllt und zur Orientierung sowie zur sozialen und emotionalen Wahrnehmung beiträgt. Wir haben gelernt, dass die Kommunikation zwischen hörenden und gehörlosen Menschen meistens über die Gebärden- bzw. die Lautsprache erfolgt, bei der das Gesagte von den Lippen abgelesen wird. Und dass der Begriff „taubstumm“ nicht nur veraltet ist, sondern beleidigend wirkt und daher grundsätzlich durch die Bezeichnungen „gehörlos“ und „taub“ ersetzt werden sollte.
In unseren gemeinsamen Arbeitsalltag können wir nun besser zwischen günstigen und weniger günstigen Gesprächssituationen unterscheiden. Wir wissen, wie wichtig der Blickkontakt für eine gute Verständigung ist, wie wir ihn suchen und halten und durch eine eindeutige Mimik, Gestik und Körpersprache unterstützen. Obwohl diese Verhaltensweisen ganz sicher auch zur Verbesserung der Kommunikation zwischen hörenden Menschen beitragen, haben sie vielen von uns die Augen für die Belange gehörloser Menschen geöffnet.
Die Teilnahme an dem Seminar hat uns wieder einmal gezeigt, dass häufig schon Kleinigkeiten dazu beitragen können, Menschen mit Einschränkungen gut einzubinden. Wir sind sehr froh, dass wir immer wieder dazu angeregt werden, bestehende Unterstützungsangebote wahrzunehmen. Besonders wenn, wie auch in diesem Fall, die gesamte Belegschaft hinter solchen Maßnahmen steht. Wir sind sehr glücklich über die tolle Entwicklung der sozialen Teilhabe gehörloser Menschen.
Und so geht’s weiter
Um unsere gute Kommunikation aufrecht zu erhalten, wird uns zu besonderen Anlässen, wie z. B. bei Mitarbeiter- und Einzelgesprächen und bei Seminaren weiterhin eine durch den LWL gestellte Dolmetscherin für Gebärdensprachen unterstützen. Für einige von uns sicher eine günstige Gelegenheit, den ein oder anderen Punkt aus dem Seminar wieder aufzugreifen!
Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie mehr über den integrativen Ansatz der GUW erfahren möchten!